Schnellanleitung zum Fasten im Ramaḍān

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Muhammed F. Bayraktar / 18.04.2019

Frage:

Wann muss ich fasten? Wie faste ich richtig? Welche Handlungen brechen mein Fasten, welche nicht? 

Antwort:

Im Namen Gottes, des Allbarmherzigen, des Allgütigen.

Frieden und Gebete seien auf unserem Meister Muḥammad, seiner Familie und seiner Gefährten.

Jeglicher Preis und Lob gebührt Gott dem Allerhabenen.

Was ist das Fasten?

Fasten bedeutet, ab Beginn des Frühgebets (dem Morgengrauen/faǧr ṣādiq) bis zum Sonnenuntergang Geschlechtsverkehr, Essen und Trinken zu unterlassen.

Welche Urteile gibt es zum Fasten?

Es gibt folgende Urteile zum Fasten:

  1. Farḍ (Pflicht): Das ist das Fasten im gesamten Monat Ramaḍān,
  2. Wāǧib (notwendig): Abgebrochenes, nicht verpflichtendes Fasten nachzuholen, ist wāǧib, oder wenn jemand das Fasten als Gelübde ablegte.
  3. Sunna (prophetischer Brauch): Das sind die Tage, die der Gottgesandte – Frieden und Gebete seien auf ihm – selbst fastete und anderen das Fasten empfahl. Beispielsweise der 9. Und 10. Muḥarram und der 9. Ḏū al-Ḥiǧǧa (ʿArafa).
  4. Mustaḥab (empfohlen): Alle Fastentage neben Farḍ und Sunna sind mustaḥab, wie beispielsweise das Fasten am Montag und Donnerstag.
  5. Ḥarām (verboten): Das Fasten an folgenden fünf Tagen ist verboten: Das Fasten am Tag des Ramaḍān-Festes (ʿĪd al-fīṭr), der Tag des Opferfestes (ʿĪd al-aḍḥā) selbst und die darauf folgenden nächsten drei Tage.

Wie verhält es sich mit der Absicht für das Fasten?

Die Absicht für das Fasten ist notwendig. Ohne die entsprechende Absicht, wird das Fasten nicht als solches gewertet. Wenn beispielsweise jemand den ganzen Tag ohne die Absicht des Fastens nichts isst, nichts trinkt und alles meidet, was das Fasten brechen würde, hat er nicht gefastet. Diese Absicht muss nicht ausgesprochen werden, denn wir verstehen unter Absicht die Intention des Herzes. Es ist jedoch bevorzugt, wenn diese Absicht ausgesprochen wird, indem die Person beispielsweise sagt: „Ich habe die Absicht, morgen zu fasten.“ Wacht jemand zum Vorfastenfrühstück auf, dann kann dies als Absicht gewertet werden.

Beim Pflichtfasten und freiwilligen Fasten muss die Absicht zwischen Abendgebet des Vortages bis zum sogenannten "religiös-rechtliche Mittag" (ḍahwat al-kubrā) sein. Dieser Zeitpunkt ist die Zeit, die zwischen Morgengebet und Abendgebet liegt. Vergisst jemand die Absicht, gilt der Tag nicht als gefastet. Jedoch sind einige Gelehrten der Ansicht, dass das Fasten vor dem Beginn des Faǧr gefasst werden soll. Daher ist es stark empfohlen, die Absicht vorher zu formulieren oder zu fassen.

Anders ist dies beim Nachholen von Fasten des Ramaḍān, bei Sühnefasten, oder dem Nachholen abgebrochenen freiwilligen Fastens, welches durch den Abbruch Wāǧib wurde. Bei diesen Fastenarten muss die Absicht bis zum Beginn von Faǧr gefasst sein.

Was sind empfohlene (mustaḥab) Handlungen beim Fasten?           

  1. Das Vorfastenfrühstück (suḥūr) zu essen,
  2. das Vorfastenfrühstück kurz vor der Morgendämmerung zu essen,
  3. Das Fasten direkt bei Sonnenuntergang zu beenden, indem etwas gegessen wird und dieses Fastenbrechen nicht zu verzögern.
  4. Das Fasten mit einer trockenen oder frischen Dattel zu brechen. Wenn es keine Datteln gibt, ist Wasser die Alternative.
  5. Die Absicht in der Nacht zu fassen.

Was sind verpönte Handlungen beim Fasten?

  1. Kaugummi, Plastik, Kautschuk und ähnliches kauen,
  2. Irgendeine Speise oder irgendein Getränk zu probieren, nicht zu schlucken und auszuspucken,
  3. Speichel im Mund sammeln und mit der Absicht, den Durst zu stillen, zu schlucken.
  4. Absicht ein notwendiges Ġusl (rituelles Bad) nach Morgengrauen zu verzögern, welches in der Nacht notwendig wurde,
  5. Zahnpasta oder Zahncreme und dergleichen zu verwenden, um die Zähne zu putzen. Es ist erlaubt irgendeine Form des miswāk zu verwenden, oder auch eine Zahnbürste ohne Pasta.
  6. Sich über Durst und Hunger zu beschweren,
  7. Bei der Reinigung der Nase zu viel Wasser hochzuziehen,
  8. Länger als notwendig zu gurgeln,
  9. Schimpfwörter, Flüche, Streit und Diskussionen,
  10. Lügen, Lästern und dergleichen. Dies sind zwar an sich schon Sünden, doch beim Fasten sind es noch größere Sünden.

 

 

Wie lauten die zwei Folgen bei einem illegitimen Fastenbruch?

Es gibt mehrere Handlungen, die das Fasten brechen können.

Einige dieser Handlungen erfordern nur, dass der Fastentag selbst nachgeholt wird (qaḍāʾ). Andere Handlungen erfordern neben dem Nachholen des Fastentages selbst eine Sühne (kaffāra). Diese Sühne besteht aus 60 zusammenhängenden Tagen, gefolgt von den Tagen, die nachzuholen sind. Ist jemand aus berechtigten Gründen nicht in der Lage, diese Sühne zu leisten, weil er beispielsweise dauerhaft erkrankt ist, hat er folgende vier Optionen:

  1. 60 Arme bis zur Sättigung mit zwei Mahlzeiten zu speisen,
  2. einen Armen mit zwei Mahlzeiten für 60 Tage zu speisen,
  3. 60 Armen jeweils 1,6 Kilo Weizen oder Gerste zu geben oder deren Wert in Geld auszuzahlen,
  4. 60 Tage einem Armen mindestens täglich 1,6 Kilo Weizen, Reis, Gerste oder dergleichen zu geben oder deren Wert in Geld auszuzahlen.

Weder die Sühne noch das Nachholen müssen vor dem nächsten Ramaḍān geschehen sein, auch wenn es weise wäre, dies zu tun. Eine Sühne deckt alle Fastentage bis zum Vollziehen der Sühne ein, die mit einer Handlung gebrochen wurden, die eine Sühne erfordern.

Welche Handlungen erfordern nur ein Nachholen (qaḍāʾ) des Fastens?

  1. Alles, was in den Mund einer fastenden Person gezwungen und dann geschluckt wird,
  2. Wasser, welches versehentlich beim Gurgeln oder Ausspülen des Mundes den Rachen hinabläuft, auch wenn eine Person sich des Fastens bewusst oder unbewusst war,
  3. Bewusst eine Menge auszuspeien, die eine Person nicht fähig ist im Mund zu halten oder irgendeine Menge von Gespienem zu schlucken,
  4. Bewusst ein Stück Papier, einen Kieselstein oder irgendetwas, was normalerweise kein Medikament oder kein Nahrungsmittel ist,
  5. Etwas essbares, welches größer oder gleich einer Kichererbse ist und zwischen den Zähnen verfangen war, herunterzuschlucken. Wenn dies aber aus dem Mund genommen und danach wieder hineingeführt und geschluckt wird, erfordert es eine Sühne (kaffāra), unabhängig davon, wie groß es war.
  6. Nasentropfen,
  7. Ohrtropfen (Dies ist eine alte Ansicht der klassischen Juristen. Heutige medizinische Erkenntnisse zeigen, dass Ohrtropfen nur dann in den Magen gelangen, wenn das Trommelfell gerissen ist. Demnach dürften Menschen mit unversehrten Trommelfellen Ohrtropfen verwenden).
  8. Schnupftabak,
  9. Medizin durch Nase oder Mund zu inhalieren (wie z.B. Asthmaspray). Wenn das Atmen sehr schwer geworden ist, ist das Verwenden des Sprays erlaubt und keine Sünde. Das erfordert dennoch das Nachholen des Tages, aber ohne eine Sühneleistung.
  10. Absichtlich Rauch oder Dampf oder alles andere, was einen wahrnehmbaren Körper hat, einzuatmen.
  11. Das Zahnfleischblut zu schlucken, wenn die Farbe des Blutes die Farbe des Speichels überwiegt.
  12. Nach dem Essen und Trinken im Unbewusstsein des Fastens anzunehmen, dass das Fasten gebrochen wurde und dann weiter zu trinken oder zu essen.
  13. Vor dem Sonnenuntergang oder nach dem Morgengrauen zu essen mit der fälschlichen Annahme, die Sonne sei schon untergegangen oder der Morgengrauen sei noch nicht eingetreten, aufgrund einer falschen Uhr, eines bewölkten Himmels und dergleichen. Dies ist dann, wenn eine Person ihren Fehler bemerkt.
  14. Einen Einlauf durch den Anus zu bekommen.
  15. Medizin oder dergleichen in die Scheide oder die Harnröhre einzuführen. (Dies war die Ansicht der früheren Gelehrten. Heutige medizinische Erkenntnis ist, dass dies das Fasten nicht brechen kann, da kein Zugang zum Magen gegeben ist.)
  16. Wenn die Menstruation während dem Fasten beginnt.
  17. Samenerguss oder Höhepunkt durch Masturbation,
  18. Bewusstes Unterlassen des Fastentages, indem keine Absicht zum Fasten gefasst wurde. Dies erfordert nur ein Nachholen, keine Sühne.

 

Welche Handlungen erfordern eine Sühne und ein Nachholen des Fastens?

  1. Bewusstes essen und trinken oder Brechen des Fastens in irgendeiner anderen unentschuldigten Form,
  2. Mit fälschlicher Annahme, dass das Fasten gebrochen nach einer Handlung, die das Fasten nicht bricht, gebrochen sei, bewusst zu trinken oder zu essen,
  3. Irgendeine Medizin bewusst einzunehmen (durch den Mund oder die Nase). (Intravenöse oder intramuskulöse Injektionen brechen das Fasten nicht.)
  4. Bewusst über das Fasten absichtlich Geschlechtsverkehr zu haben.

 

Welche Handlungen brechen das Fasten nicht?

  1. Unbewusst über das Fasten etwas zu trinken oder zu essen (die Menge spielt keine Rolle),
  2. Eine Stechmücke, Fliege oder ein anderes Objekt, welches unabsichtlich in den Hals gelangt, zu schlucken,
  3. Wasser, das in die Ohren dringt,
  4. Wenn Staub oder Schmutz in den Rachen dringt,
  5. Das Schlucken des eigenen Speichels,
  6. Injektionen,
  7. Insulinspritzen während dem Fasten sind erlaubt. Das Insulin macht das Fasten nicht ungültig, es sei denn, dass Insulin wird direkt in den Bauch gespritzt. Das macht das Fasten ungültig.
  8. Das Auftragen von Kajal (surma),
  9. Ein Bad zur Abkühlung,
  10. Den Körper oder das Haar mit Öl bestreichen,
  11. Sich unabsichtlich zu übergeben,
  12. Eine Tropfinfusion zu bekommen,
  13. Unabsichtlich Rauch einzuatmen,
  14. Parfüm aufzutragen. Es ist nicht erlaubt, den sichtbaren Rauch von Weihrauchstäbchen und dergleichen zu inhalieren. Es ist auch nicht erlaubt, Rauch einzuatmen oder Zigaretten zu rauchen.
  15. Das Putzen der Zähne ohne Zahnpasta oder dergleichen.
  16. Ein Objekt in die Vagina oder Harnröhre einzuführen,
  17. Ein feuchter Traum während dem Fasten,
  18. Spontane Ejakulation ohne körperliche Stimulation, beispielsweise durch die reine Fantasie oder durch das Anschauen von Pornografie (was in sich verboten ist).
  19. Den Ehepartner zu küssen ist erlaubt, solange es keine Furcht davor gibt, dass der Kuss zum Geschlechtsverkehr oder zur Ejakulation führt. Wenn es diese Furcht gibt, ist diese Handlung verpönt, doch das Fasten bleibt bestehen. Bei einem Zungenkuss, bei dem es einen Speichelaustausch gibt, ist das Fasten gebrochen.

Wer muss nicht fasten?

  1. Kranke, deren Gesundheit durch das Fasten beeinträchtigt wird. Sie holen die verpassten Tage einzeln nach dem Ramaḍān nach, wenn sie wieder gesund sind.
  2. Ein Reisender, der zu einem Ziel über 77km reist mit der Absicht, dort nicht länger als 14 Tage zu bleiben. Es ist besser für einen Reisenden im Ramaḍān zu fasten, anstelle das Fasten nachzuholen, es sei denn, die Reise bringt Schwierigkeiten mit sich. Beginnt jemand seinen Tag als Fastender und Nichtreisender, macht sich dann auf die Reise, so muss er diesen Tag bis zum Ende fasten.

Was ist die Sühne für die Unfähigkeit zu fasten?

Eine sehr alte Person, die keine Kraft hat, die sehr krank ist und keine Hoffnung auf eine Heilung nach dem Ramaḍān hat, zahlt für jeden verpassten Tag im Ramaḍān eine Sühne.

Diese Sühne ist wie die Sühne für ein verpasstes Farḍ oder wāǧib Gebet: 1,6 Kilo Weizen oder 3,2 Kilo Gerste oder der Gegenwert dessen in Geld.

Wenn eine Person nach dem Ramaḍān wieder gesund wird, muss er das Fasten trotz gezahlter Sühne nachholen. Die gezahlte Sühneleistung wird ihm dann als ein Almosen angerechnet. Folgende Regelungen sind noch von Bedeutungen:

  • Niemand darf für eine andere Person fasten,
  • Kinder sollten zum fasten angespornt werden, aber nicht gezwungen werden das Fasten zu beenden, wenn sie den Hunger nicht ertragen.
  • Wenn eine Person das Fasten aus irgendwelchen Gründen bricht, sollte er sich dennoch von Essen und Trinken über den Tag fernhalten. Es ist wāǧib nicht zu essen und zu trinken und wie ein Fastender zu sein.
  • Das gilt auch für eine Frau, deren Menstruation nach dem Morgengrauen endet. Sie kann diesen Tag nicht mehr fasten, agiert aber wie eine fastende Person. Wenn aber die Periode einer Frau in der Fastenzeit beginnt, darf sie Essen und Trinken.

Was ist mit stillenden oder schwangeren Frauen?

Stillende und schwangere Frauen müssen grundlegend fasten und sie sollten Vorkehrungen dafür treffen. Stillende und schwangere Frauen sind dann vom Fasten befreit, wenn es gute Gründe gibt, einen Schaden für sich oder das Kind zu befürchten. Diese Gründe sind gegeben wenn sie:

  1. auf vertrauenswürdigen medizinischen Rat eines Muslims basieren,
  2. auf vertrauenswürdigen medizinischen Rat eines Nichtmuslims basieren und sich mit den eigenen Befürchtungen überschneiden,
  3. vorherige Erfahrung,
  4. klare oder unmissverständliche Zeichen.

Frauen müssen ein Gleichgewicht finde und auf ihren Körper achten. Sie müssen nicht das Fasten bis zum Extrem aushalten, aber dürfen auch nicht direkt davon ausgehen, dass sie nicht fasten können.

Quelle(n):

  • Mufti Abdurrahman bin Yusuf
  • Mufti Rafi Uthmani

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